Parkbegehung mit Frau Müller, Geschäftsführerin des Freilandlabors des Britzer Gartens, im Rahmen des Kulturtreffs des Bürgervereins für den Lietzensee

Ein Bericht von Gisela Liertz, Vereinsmitglied

Frau Müller machte uns auf das Gezwitschere des Gelbspötters aufmerksam und wies uns darauf hin, dass dies ein sehr seltener Vogel sei, unscheinbar von Erscheinung und als Bodenbrüter bekannt.

Im südlichen Teil des Lietzenseeparks machten wir vor dem Baum Nr 714 halt. Frau Müller erklärte uns, dass in unseren Breitengraden zwei Eichensorten vorherrschen würden:

  1. die Stieleiche, zu erkennen daran, dass das Blatt keinen  Stiel habe, die Eichel jedoch einen Stiel aufweise
  2. die Traubeneiche, bei der die Eicheln direkt am Stielansatz ansetzen würden.         

Man behauptet, dass Eichen 300 Jahre in die Höhe und 300 Jahre in die Breite wachsen würden.  Dieser Baum Nr 714 dürfe glatt 150 bis 200 Jahre alt sein, d.h vor der Zeit von Erwin Barth gepflanzt worden sein. Im Vergleich zur Eiche würden Platanen viel schneller wachsen.  Sie würden viel wenigeren Tierarten nützen, da sie auch keine nennenswerten Astgabeln entwickeln würden.  Platanen seien ein guter Parkbaum und gehören zu den Weichhölzern, würden daher auch nicht so alt werden wie Eichen.  Bei Platanen wird die Borke alle fünf Jahre abgeworfen. Die Platanen in Berlin haben in diesem Jahr unter dem nochmaligem Frost im März (Spätfrost) stark gelitten.  Daher sehen alle so leicht kränklich aus.
Man unterscheidet zwischen Neophyten und Geophyten.  Die Geophyten waren in Europa beheimatet vor der Entdeckung Amerikas. Die Neophyten wurden nach der Entdeckung Amerikas in Europa eingeführt.
Die Rosskastanie ist ein Neophyt. Ihren Namen verdankt sie dem Pferdefuß ähnlichen Abschluss des Kastanienblattansatzes.  Die Kastanien eignen sich als Pferdefutter.  Aus der Kastanie gewonnenes Esculin hat eine leicht berauschende Wirkung, wenn es dem Schnupftabak beigemischt wird.
Die Meniermotte ist ein 20 Jahre altes Phänomen.  Sie zieht vom Süden (Vorderasien) in den Norden von Europa und ist jetzt bereits in Skandinavien angekommen. Die Meniermotte hat keine natürlichen Feinde. Forschungsstudien haben ergeben, dass die Schlupfwespen gegen sie eingesetzt werden könnten. Diese fressen die Larven der Meniermotte. Weiterhin wurde in Spandau die Meniermotte bekämpft, indem man die unteren Bereiche der Kastanie  bespritzte.  Mässiger Erfolg. Die Meniermotte ist relativ frostresistent. Eßkastanien werden von der Meniermotte nicht befallen.
Empfehlung:  weiterhin Laub harken und die Blätter verbrennen. 

Generell ist anzumerken, dass alte Bäume resistenter gegen Befall sind als junge Bäume.

Gehölzschnitt:  grundsätzlich sollte man nur jeden zweiten Strauch zurückschneiden und im Jahr danach die ausgelassenen Gehölze in Angriff nehmen.  Man kann auch gebietsweise vorgehen, d.h. kleinere Areale zurückschneiden und so successive vorgehen, so dass immer genügend Sträucher verbleiben, um Vögeln Schutz zu bieten.

Baum Nr. 760 A: Gingko
Gingko-Bäume gibt es als männliches und als weibliches Exemplar. Wenn beide Exemplare vorhanden sind, trägt der weibliche Baum Früchte, die Pflaumenähnlich, jedoch durch die enthaltene Buttersäure ungeniessbar sind. Diese Früchte stinken zudem recht unangenehm. Der Gingko gilt als Heilpflanze und dient der Durchblutung des Gehirns.
Er ist ein uralter Baum, der ursprünglich in unseren Bereichen gedieh, hier dann ausstarb, in China auftauchte und erst im 18. Jahrhundert hier wieder eingeführt wurde.

Der älteste Gingko-Baum in Berlin ist im Britzer Gutspark zu besichtigen.Er hat überhaupt keinen Nutzen für unsere Tierwelt.Er ist weder ein Laub- noch ein Nadelbaum. 

Frau Müller stellte uns dann ihren Lieblingsbaum vor, nämlich die Türkische Baumhasel.  Leider hat er keine Katasternummer mehr. Er steht mitten auf dem Rasen am untersten Ende des Parks, kurz vor dem Weg zur Großen Kaskade. Es könnte sein, dass er im Kataster fälschlicherweise  als Weißdorn ausgewiesen wird.

Als allerletzter blüht der Pagoden- oder Schnurbaum (Baum Nr. 761).

Baum Nr. 775 ist eine amerikanische Roteiche. Sie wächst schneller und ist robuster als herkömmliche Eichen. Für Tiere sind ihre Eicheln unbrauchbar, da sie viel mehr Gerbstoffe enthalten. Ihre Blätter sind größer und sie verfärben sich bräunlich-rot im Herbst, wohingegen die normale Eiche eher hellere Verfärbungen aufweist.

Baum Nr. 776 ist eine nordamerikanische Sumpfeiche oder Scharlacheiche.  Im Herbst verfärben sich ihre Blätter leuchtendrot.

In den 50er Jahren wurden viele exotische Bäume angepflanzt. 

Die Hainbuche (leider ohne Katasternummer) ist keine Buche.  Sie gehört zu den Birkengewächsen. Im Alter weist sie einen in sich gedrehten Stamm (eher Borkenmuster, finde ich) auf.  Das Holz ist sehr hart und wird gern zur Befestigung von Flächen genutzt. Sie heißt auch Weißbuche.

Schwarzpappel (leider auch ohne Katasternummer).  Könnte die Nr. 701 sein.

Sie ist eine Hybride.  Sie ist aus Weichholz und braucht daher viel Wasser.  Steht daher auch direkt am Wasser.  Sie ist sehr regenerationsfähig. Mit ihren Wurzelgeflecht festigt sie das Ufer.  Eine Pappel erreicht ein Alter von 200 Jahren. Sie ist sehr bruchanfällig.  Das Holz kann zum Brennen genutzt werden.

Trauerweiden sind keine heimischen Bäume.  Sie sind eine Kreuzung zwischen einer chinesischen Art und einer Trauerweide.  Sie sind gut schnittfähig (alle 2 Jahre).

Kopfweidenkultur: Schatten für das Vieh, nicht zu viel Schatten für die Wiesen.  Je älter der Baum, desto hohler ist er.  Auf einer Trauerweide können bis zu 80 verschiedene Tierarten gedeihen.  Selbst Stockenten bauen vorzugsweise ihr Nester in ausgehöhlte Trauerweidenstämme.

Es gibt einen Berliner Baumschutz-Experten-Verein.

Als Gebüsch ist der runzelblättrige Schneeball (immergrün) zu empfehlen, wie auch der wollige Schneeball.

Der Götterbaum aus Asien kommend gilt als invasiver Neophyt.  Er kann sich so stark verbreiten, dank seiner tausendfachen Samenausschüttung, daß er einheimische Bäume und Sträucher glatt verdrängt.

Wir gehen in den nördlichen Teil des Lietzenseeparks.

Der kaukasische Flügelnußbaum stammt aus Kaukasien.  Er ist mit der Walnuß verwandt. 

Die Sumpfzypresse ist mit dem amerikanischen Mammutbaum verwandt.  Sie entwickelt „ Atemkniee“, um auch bei Überschwemmung bzw Hochwasser genügend Sauerstoff in ihre Wurzeln zu  bekommen.

Gleditschie (4??B)(bei der Seerobben-Skulptur, direkt am See) ist ein Johannesbrotgewächs. Sie ist keine Akazie.  Sie stammt aus Nordamerika und ist in Berlin auch als Strassenbaum eingesetzt.  Lange Fruchtschoten.  Für Krähen ein Lekkerbissen.

Spitzahorn, Feldahorn (418), Bergahorn (Nr. 419).  Wunderbar zu vergleichen, da alle drei Sorten direkt nebeneinander stehen.  Frau Müller erklärt uns das Wunder der fliegenden Frucht, die der Entwicklung unseres autostabilen Fallschirms Pate gestanden hat.

Frau Müller erzählt uns, dass sie für die Aufstellung der Baumbezeichnungen samt Zeichnung damals mitverantwortlich war.  Sie habe noch Material für weitere Baum-Erklärungen.  Damals ist das Projekt nicht weitergeführt worden, da sich das Hotel Seehof mit dem Grünflächenamt Charlottenburg irgendwie überworfen hatte.  Pro Einheit würde die Errichtung ca €400 heute kosten.
Unser Vereinsmitglied, Frau Cramer von Laue, erklärte sich bereit, Geld zu spenden für kleinere Namensschilder zur Baumkennzeichnung.

Tulpenbaum (Nr. 365/364) ist eine Magnolie.  Er braucht viel Wärme.  Durch die Wetterveränderung hat dieser Baum inzwischen auch eine Fruchtentwicklung, nicht nur Blüten.  Er stammt aus Nordamerika.

Vor dem Tulpenbaum das Gebüsch:  Hartriegel.  Erkennbar an den feinen Blattvenen, die der Blattkontur folgen.  Er hat weiße Blütendolden, die die Vögel sehr lieben.

Baum Nr. 366: Ahorn (Silberahorn) Es gibt 2 verschiedene Formen:  1. den Silberahorn und 2. den Zuckerahorn. Vom Zuckerahorn wird der Saft entnommen (von der Borke). Inzwischen haben die  Skandinavier auch ein Verfahren entwickelt, das ihnen erlaubt, aus Birken den Pflanzensaft zu gewinnen zur Herstellung von Birken-Sekt. Empfehlung von Frau Müller:  Treptow Baumschulenweg die Baumschule, damals gegründet von Herrn Gustav Meyer, einem renommierten Gärtner.

Baum Nr. 341 Linde Sommerlinden sind meist in Dörfern anzutreffen.  Sie sind empfindlich gegen Wärme und Lufttrockenheit.

Die Winterlinde erkennt man am besten im Winter an der typischen Kegelform.  Linden sind für Bienenvölker sehr wichtig.  Vor der Eiszeit war die Linde hier ein prägnanter Baum, der dann von der Buche verdängt wurde.  Die Linde hat in der Bronze-Zeit bereits Lindenbast geliefert (unter der Borke).  Früher haben Holzschnitzer bevorzugt Lindenholz verwendet.  Für Statuen und Altäre z.B.  Lucas Cranach hat auf Lindenholz gemalt.  Als bei den Italienern das Pappelholz knapp wurde, hat man dort die Leinwand erfunden.

Die Dorflinde:  Thing-Platz
Sie galt auch als Gerichtsbaum.  Im Invalidenfriedhof befinden sich 3 uralte Linden.
Sigfried: Lindenblatt
Linde ist sagenumwoben.

Zum Abschluss unserer Führung durch den Lietzenseepark  zeigt uns Frau Müller den Eisenholzbaum aus Asien, direkt am Ausgang zur Schillerwiese (links). Er heißt so, weil sein Holz nicht schwimmt.  Es geht unter, da es so dicht ist.  Er hat ein feuerrotes Blätterkleid im Herbst.
Es waren 2 sehr kurzweilige Stunden. Frau Müller hat sehr publikumsnah geführt und uns alle auf eine weitere Führung vertröstet, die sie machen würde, sollte man sie darum beten.  Es waren insgesamt an die 30+ Teilnehmer. 

Berlin, 3. Juni 2010

Gisela Liertz